In der Regionsversammlung am 30. März 2022 hat der Sprecher der SPD-Regionsfraktion Hannover für Soziales, Wohnungswesen, Gesundheit und Teilhabe, Angelo Alter, einen Redebeitrag zum Thema „Solidarität mit den Menschen in der Ukraine gehabt - Hier seine vollständige Rede:
- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

am 24. Februar ist großes Unheil über Europa gebracht worden. Seit diesem Tag führt Russland einen erbarmungslosen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine. Der russische Präsident Wladimir Putin hat die regelbasierte Weltordnung auf das Gröbste verletzt und damit eine humanitäre Krise ungeheuren Ausmaßes ausgelöst. Täglich können wir den Medien Bilder des Schreckens und der Zerstörung entnehmen.

In erster Linie bedeutet es aber menschliches Leid: unschuldige Menschen sterben, Familien wurden und werden immer noch auseinandergerissen, Millionen von Menschen werden ihrer Lebensgrundlage beraubt, werden aus ihrer Heimat vertrieben oder müssen diese verlassen, um ihr Überleben zu sichern. Zu viele haben schon ihr Leben gelassen!

In einem Monat sind bereits rund vier Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, dies ist die größte Flüchtlingsbewegung seit dem 2. Weltkrieg! In dieser als unwirklich empfundenen und chaotischen Situation ist sowohl Intervention als auch humanitäre Hilfe auf allen erdenklichen Ebenen das Gebot der Stunde.

Bei allem Leid, das wir täglich wahrnehmen können, erleben wir gleichzeitig aber auch eine ungeheure Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Dabei kommt unserem Nachbarland Polen eine besondere Rolle zu. Neben privaten Hilfsorganisationen und lokalen Netzwerken sind es vor allem dutzende Polinnen und Polen, die die Hauptlast dieses nie dagewesenen Andrangs von über zwei Millionen Kriegsflüchtenden tragen. Polen ist quasi über Nacht zur größten Hilfsorganisation der Welt geworden. Dieser beispiellose Akt der Humanität verdient unsere Anerkennung!

Aber auch die Menschen in Deutschland und bei uns in der Region Hannover zeigen eine unglaubliche Hilfsbereitschaft. Innerhalb kürzester Zeit sind Hilfsstrukturen neu entstanden, wiederbelebt, hochgefahren und erweitert worden.

Dabei nimmt die Region Hannover ebenfalls eine besondere Rolle im Bundesgebiet ein. Neben Berlin und Cottbus ist mit dem Messebahnhof in Laatzen und dem hannoverschen Messegelände ein nationales Drehkreuz für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine errichtet worden.

In den Messehallen leben mittlerweile fast 2.000 Menschen! Eine beachtliche Zahl, wenn man sich einmal vor Augen führt, dass es in der Region Hannover zahlreiche Ortschaften gibt, in denen weniger Menschen leben.

Im Moment geht es vor allem darum, den ankommenden und zu meist traumatisierten Menschen einen Ort der Ruhe und des Schutzes zu bieten. Es geht um die Wahrung elementarer Grundbedürfnisse menschlicher Existenz und die Garantie von Grund- und Menschenrechten.

Schlafplätze, medizinische Versorgung, geregelte Mahlzeiten, Duschen, aber auch das Vorhalten von Waschmaschinen und Kinderspielmöglichkeiten zählen zu den Dingen, die die Menschen zurzeit am allermeisten benötigen.

Im Namen der SPD-Regionsfraktion möchte ich an dieser Stelle all denjenigen danken, die dazu beigetragen haben, dass diese Hilfe so schnell möglich wurde:

- Es sind die Verantwortlichen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Regionsverwaltung sowie in den Verwaltungen der regionsangehörigen Städte und Gemeinden, die auf Krisenmodus umgeschaltet haben und tagtäglich Unglaubliches leisten.

- Es sind die Verantwortlichen in den Hilfs- und Rettungsorganisationen, ohne deren Knowhow und unermüdlichen Einsatz der Aufbau einer leistungsstarken Hilfsinfrastruktur nicht denkbar wäre.

- Und es sind die unendlich vielen Ehrenamtlichen in der Region Hannover – viele auch unter uns Abgeordneten – die dafür sorgen, dass eine warme und herzliche Willkommenskultur erst möglich werden kann.

Ihnen allen gilt unser größter Respekt und Dank!

Einen besonderen Fokus müssen wir jedoch auf die Kinder legen. Mehr als die Hälfte aller Kinder in der Ukraine sind seit dem Beginn der russischen Invasion vertrieben worden. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef schätzt ca. 4,3 Millionen Vertriebene unter den 7,5 Millionen Kindern des Landes. Davon sind mehr als 1,8 Millionen als junge Geflüchtete in Nachbarländern, während 2,5 Millionen in der Ukraine geblieben sind. Die Unicef-Chefin Catherine Russell merkte hierzu an, dass jede Sekunde ein Kind fliehe. Die Auswirkungen könnten noch über Generationen spürbar bleiben.

Ich möchte den Blick nun auf unsere kommunale Ebene lenken und frage:

Was ist jetzt zu tun?

1. Wir müssen die Kapazitäten für die Unterbringung der Kriegsflüchtenden massiv ausweiten und sicherstellen, dass jede und jeder ein sicheres Dach über den Kopf hat.

2. Wir müssen die medizinische Grundversorgung weiterhin garantieren. Das ist neben der Bewältigung der Corona-Pandemie eine zusätzliche Belastung, denn die Akquise medizinischen Fachpersonals stellt eine große Herausforderung dar. Vielleicht kann man hier neue Wege gehen und medizinisches Personal, das sich derzeit noch in Ausbildung befindet, zumindest temporär für gewisse Aufgaben gewinnen.

3. Wir müssen uns um die Kinder kümmern und darauf hinwirken, dass diese schnell Zugang zu Bildungseinrichtungen wie KITA und Schule haben. Die Herausforderung liegt hier natürlich bei der Schaffung von entsprechenden Plätzen. Zudem müssen viele Kinder erstmal medizinisch fit gemacht werden, was man am Beispiel oftmals fehlender Impfungen gegen die Masern erkennen kann.

Auch unsere vielen Sportvereine können in dieser Situation eine wichtige Rolle spielen. Wir alle wissen, welche immense integrative Kraft der Sport entfalten kann und sollten diese daher unbedingt nutzen. Gemeinsam mit Regionssportbund und den Sportbünden vor Ort können wir hier sicherlich einiges im Sinne der Kinder bewirken!

4. Wir müssen die Menschen bei den notwenigen Behördengängen unterstützen und ihnen dabei helfen, eine sinnvolle Tagesstruktur zu finden. Mit der „Servicestraße“, die auf dem Messegelände aufgebaut wurde und die den Menschen verschiedene behördliche Leistungen anbietet, ist ein effektives Instrument geschaffen worden. Dieses Angebot gilt es zu etablieren und je nach Bedarf auszuweiten.

Für die Zukunft wäre es wünschenswert, wenn die Geflüchteten, die privat bei Verwandten, Freunden oder Bekannten untergekommen sind, auch Zugang zu dieser „Servicestraße“ erhalten könnten, denn das ist im Moment nicht der Fall.

5. Wir müssen in der Bevölkerung weiter für eine hohe Spendenbereitschaft von Hilfsgütern werben und den Transport dieser Hilfsgüter an die ukrainische Grenze unterstützen. Dabei ist ganz wesentlich, dass der Weg ausschließlich über seriöse Hilfsorganisationen genommen wird. Wir dürfen Kriegsprofiteuren, Menschenhändlern und zwielichtigen Organisationen keinen Vorschub leisten.

Mit der heute im Regionsausschuss zur Annahme empfohlenen Drucksache 0660 wollen wir den regionsangehörigen Städten und Gemeinden einen Betrag von bis zu 10 Millionen Euro zur Verfügung stellen, damit diese den Kriegsflüchtenden möglichst schnell und unkompliziert helfen können.

Hieran wird wieder einmal deutlich, dass die Region Hannover eine soziale Region ist, die Schwierigkeiten als Herausforderung begreift, diese gemeinsam erfolgreich zu lösen und dass wir eine Region sind, in der der Solidargedanke auch wirklich gelebt wird. Für diese Initiative richte ich meinen Dank daher ausdrücklich an den Regions-präsidenten sowie die Dezernentinnen und Dezernenten.

Als politisch Verantwortliche müssen wir alles tun, um den schutzsuchenden Menschen zu helfen und ihr Leid in dieser Ausnahmesituation einigermaßen zu lindern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!